Elektrochemie - ein Überblick

Grundsätzliches, elektrolytische Leitung

Die Elektrochemie befasst sich mit chemischen Vorgängen, die in Begleitung von elektrischen Strömen ablaufen - meist sind hier Prozesse in Elektrolyten interessant. Bei der elektrolytischen Leitung werden Ionen (geladene Teilchen) bewegt. In einer elektrochemischen Zelle wandern Kationen (+) zur Kathode und Anionen (-) zur Anode. An den Elektroden finden chemische Reaktionen statt: An der Kathode werden Kationen reduziert, an der Anode Anionen oxidiert.

Die Leitfähigkeit bzw. der Widerstand eines elektrolytischen Leiters hängt von der Beweglichkeit der Ionen ab. Faktoren, die die Beweglichkeit behindern, verursachen eine Erhöhung des el. Widerstands. Zu diesen Faktoren gehören interionische Anziehungskräfte, Solvation von Ionen und die Viskosität der Flüssigkeit. Da eine Temperaturerhöhung diese Faktoren mindert, nimmt der el. Widerstand mit steigender Temperatur ab!

Elektrolyse

NaCl-Elektrolyse Bei der Elektrolyse wird durch Aufwendung von elektrischer Energie eine chemische Umwandlung erzielt.

Technisch wird beispielsweise durch die Elektrolyse von flüssigem Natriumchlorid (NaCl, Speisesalz) reines Natrium-Metall und Chlorgas hergestellt. Dabei werden die Na+-Kationen zur negativ geladenen Kathode gezogen, nehmen dort ein e- auf und werden zu metallischem Natrium reduziert, das aufschwimmt und abgeleitet wird. An der Anode werden die Cl--Kationen durch Abgabe eines e- zu Chloratomen oxidiert, die als Cl2-Gas entweichen.

Dieses Prinzip wird auch zur großtechnischen Herstellung anderer Metalle, die in der Natur nicht in Reinform auftreten, verwendet (z.B. Kalium, Calcium, Aluminium).

Versucht man diesen Prozess mit einer Lösung von NaCl in Wasser, so wird zwar nach wie vor Cl2 an der Anode abgeschieden, an der Kathode wird allerdings leichter H3O+ als Na+ umgesetzt, daher entsteht H2-Gas. Verwendet man z.B. eine NaSO4-Lösung, so werden auch an der an der Kathode aus H2O entstandenen OH--Ionen zu O2 umgesetzt:

2 H2O OH- + H3O+

4 H3O+ + 4 e- 2 H2 + 4 H2O (Kathode)
4 OH- O2 + 2 H2O + 4 e- (Anode)

Cu-ElektrolyseDie Elektroden selbst können auch an Elektrodenreaktionen beteiligt sein: Bei der Elektrolyse einer wässrigen CuSO4-Lösung zwischen Kupferelektroden wird an der Kathode Cu2+ zu metallischem Kupfer reduziert (bildet Überzug über Kathode), an der Anode allerdings Kupfer aus der Anode selbst zu Cu2+ oxidiert und in Lösung gebracht. So kann Rohkupfer (ca. 95% Cu, als Anode) gelöst und an der Kathode als reines Kupfer abgeschieden werden. Auf die gleiche Art wird Silber technisch gereinigt, außerdem werden in diesem Verfahren Kathodengegenstände mit einer Metallschicht überzogen (elektrolytisch versilbert, verzinkt etc.).

1832 und 1833 wurden die quantitativen Zusammenhänge der Elektrolyse erstmals von Faraday beobachtet:

Faraday-Gesetz: Faraday-Gesetz (m= abgeschiedene Masse, M=Molekularmasse, Q=Ladungsmenge, z=Einzelladungen pro Molekül, Faradaykonstante F=NA·e=96485 C)

  Kathode Anode
angezogene Ionen Kationen Anionen
Richtung des Elektronenflusses in die Zelle aus der Zelle
Halbreaktion Reduktion Oxidation
Pole bei Elektrolyse - +
Pole bei galvanischer Zelle + -

Galvanische Zellen

Daniell-Element Eine Zelle, die chemische in elektrische Energie umsetzt, und daher als Stromquelle dienen kann, wird galvanische Zelle, voltaische Zelle oder galvanisches Element genannt. Luigi Galvani (1780) und Alessandro Volta (1800) haben erstmals mit diesen Prozessen experimentiert.

Das Daniell-Element (als Beispiel) besteht aus zwei Halbzellen, die von eine porösen Wand getrennt sind (erlaubt den Durchtritt von Ionen, verhindert aber ein Vermischen). Darin befinden sich ein einer Halbzelle eine Zink-Elektrode, die in eine ZnSO4-Lösung getaucht ist, in der anderen eine Kupfer-Elektrode in einer CuSO4-Lösung. Verbindet man die Elektroden durch einen el. Leiter, so wird an der Zn-Elektrode Zink zu Zn2+-Ionen oxidiert, an der Cu-Elektrode scheidet sich Cu2+ als Kupfer ab:

Zn (s) Zn2+ (aq) + 2 e- (Anode)
2 e- + Cu2+ (aq) Cu (s) (Kathode)

Daneben wandern SO42--Anionen von der Kathode zur Anode, nehmen aber dabei an keinem chemischen Prozess teil. Die poröse Trennwand dient dazu, dass keine Cu2+-Ionen in Kontakt zur Zn-Elektrode kommen, würde dies passieren, fände ein direkter Elektronenaustausch statt und es würde außen kein Strom fließen. Während der normalen Funktion tritt dies ohnehin nicht auf, da sich die Cu2+-Ionen von der Kathode wegbewegen.

Wenn in diesem Element die Lösungen jeweils mit einer Konzentration von 1 mol/l verwendet werden, so ist die übliche Schreibweise für die Zelle folgende:

Zn (s) | Zn2+ (1mol/l) | Cu2+ (1 mol/l) | Cu (s)

("|" sind Phasengrenzen; zuerst wird die Anode, dann alle anderen Komponenten in Reihenfolge Anode zu Kathode genannt)

EMK und elektrochemische Spannungsreihe

Das elektrische Potential einer galvanischen Zelle wird als elektromotorische Kraft (EMK) bezeichnet und beschreibt die Stärke der Tendenz zum Ablaufen der chem. Reaktion in der Zelle. Sie hängt von den beteiligten Substanzen, ihren Konzentrationen und der Temperatur ab. Die Standard-EMK ΔE0, üblicherweise bei 25°C angegeben, bezeichnet die EMK einer Zelle, in der alle Reaktanden und Produkte in ihren Standardzuständen vorliegen. Bei Feststoffen oder Flüssigkeiten ist dies der reine Feststoff bzw. die reine Flüssigkeit, bei Gasen oder gelösten Stoffen ein definierter Zustand mit der Aktivität 1 (Aktivität a=f·c; c in mol/l; f ≤ 1, für verd. Lösungen f ≈ 1).

Normal-H-Elektrode Um galvanische Zellen mit verschiedensten Teilreaktionen zu beschreiben und vorzuberechnen, muss ein charakteristischer "Gradmesser" für die Einzelreaktionen gefunden werden. Als Potential kann ΔE0 nur als Differenz zweier Teilreaktionen gemessen werden, daher bedient man sich einer Referenzreaktion (bzw. Elektrode) und gibt die Differenz dazu als "Normalpotential" E0 an. Als Referenz dient die Reaktion 2e- + 2 H+ H2 bei der "Normal-Wasserstoff-Elektrode", einer Pt|H2|H+| Halbzelle mit Wasserstoffgas bei einem Druck von 101,3 kPa, das eine Platin-Elektrode umspült, die in einer Säure-Lösung mit einer H+-Aktivität von 1 eingetaucht ist. Für diese Elektrode wird ein Elektrodenpotential von E0 = 0 V festgelegt.

Eine Aufstellung der Normalpotentiale anderer Elektroden bzw. Reaktionen ergibt die galvanische oder elektrochemische Spannungsreihe (Auszug):

Halbreaktion E0 / V
e- + Li+ Li -3,045
2e- + Ca2+ Ca -2,866
e- + Na+ Na -2,714
3e- + Al3+ Al -2,662
2e- + 2 H2O H2 + 2 OH- -0,828
2e- + Zn2+ Zn -0,763
2e- + Fe2+ Fe -0,440
2e- + Pb2+ Pb -0,126
2e- + 2 H+ H2 0,000
2e- + Cu2+ Cu 0,337
e- + Cu+ Cu 0,521
e- + Fe3+ Fe2+ 0,771
e- + Ag+ Ag 0,799
4e- + 4 H+ + O2 2 H2O 1,229
2e- + Cl2 2 Cl- 1,360
2e- + F2 2 F- 2,870

Das Vorzeichen für das Normalpotential bezieht sich immer auf den Reduktionsprozess ("Reduktionspotentiale"), da die Oxidation in umgekehrter Reihenfolge abläuft, gilt das Vorzeichen dabei umgekehrt. Bei Beispiel des Daniell-Elementes kann somit das Potential aus der Tabelle durch Addition bestimmt werden: EMK = ΔE0 = E0(Kathode) + (- E0(Anode)) = 0,34 + (-(-0,76)) = 1,10 V

Auch der Verlauf der Reaktionen (was wird oxidiert/reduziert?) kann mit dieser Hilfe vorausgesagt werden, da jene Stoffe, die leichter reduziert werden, höhere Normalpotentiale, jene, die leichter oxidiert werden, negativere E0 besitzen. Daher sind auch edlere Metalle weiter "unten" zu finden als unedlere, sehr edle Metalle mit E0>0 werden von Säuren nicht angegriffen (Cu, Ag, Au, Hg, Pt).

Die Potentiale sind, wie oben bemerkt, auch von der Konzentration bzw. der Aktivität abhängig. Dabei gilt die Nernst-Gleichung, die von Walther Nernst 1889 abgeleitet wurde:

Nernst-Gleichung

[Ox] und [Red] bezeichnen dabei die Aktivitäten (Konzentrationen, siehe oben) des Oxidierten und des reduzierten Stoffes.

(Robert Kaiser, Referat in "Übungen zu Theoretische Physik für Lehramt L1", 31. Mai 2001. Dieses Dokument ist auch im Internet unter http://science.kairo.at/ verfügbar.)

Quelle:
Charles E. Mortimer, Chemie - Das Basiswissen der Chemie, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1996


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